Darum stärkt die müden Hände und die wankenden Knie und
macht sichere Schritte mit euren Füßen, damit nicht jemand
strauchle wie ein Lahmer, sondern vielmehr gesund werde.
Jagt dem Frieden nach mit jedermann und der Heiligung, ohne die
niemand den Herrn sehen wird, und seht darauf, daß nicht jemand
Gottes Gnade versäume; daß nicht etwa eine bittere Wurzel
aufwachse und Unfrieden anrichte und viele durch sie unrein
werden...''
(Hebr. 12:1-3+12-15)
Als einem, der Zeiten der Hoffnung und Zeiten der Verzweiflung erlebt hat, der auch immer wieder müde Hände und wankende Knie hat und trotzdem sichere Schritte machen will, bedeutet mir dieser Text sehr viel.
Gott fordert uns hier auf, abzulegen, was uns beschwert:
Gott gibt uns eine weitere Hilfe durch unsere Brüder und Schwestern. Wir sind aufgefordert, zu geben, was andere annehmen können, und dürfen ebenso nehmen, was andere geben können. Es gehört ja alles Gott, unserem Vater.
Sind wir gesund und stark, so wollen wir Vorbilder sein, einander nicht Forderungen, sondern Kraft vermitteln, einander stärken; nicht, indem wir Erfolgsrezepte vermitteln, sondern indem wir eine Stütze sind, mittragen, andern helfen, sichere Schritte zu machen.
Sind wir schwach oder krank, so wollen wir auch da Zeugen dessen sein, daß Gottes Kraft in uns mächtig ist, indem wir Ihm vertrauen, Seine Hilfe und Seinen Trost annehmen. Gerade dann wollen wir Hoffnung fassen, daß Gott uns durch die Schwierigkeiten, die wir haben, trägt und uns vorbereitet für den Dienst, den wir für andere tun können, wenn wir durchgehalten haben.
Jesus hat an dem, was er litt, Gehorsam gelernt (Hebr. 5:8); er mußte in allem uns, seinen Brüdern, gleichwerden, damit er barmherzig würde (Hebr. 2:17). ``Denn worin er selbst gelitten hat und versucht worden ist, kann er helfen denen, die versucht werden.'' (Hebr. 2:18)
Wenn selbst Jesus nur durch Leid Barmherzigkeit und Gehorsam gelernt hat, wie soll Gott es uns eigenwilligen Menschen anders beibringen? Wenn wir wirklich Jesu Jünger sein wollen, wenn Gott uns Jesus ähnlich machen soll, brauchen wir die Bereitschaft, auch im Leid Gottes Willen zu suchen und uns durch unser Leid von Ihm formen zu lassen.
``Wer sich nicht lossagt von allem, was er hat, der kann nicht mein Jünger sein,'' sagt Jesus (Lukas 14:33). Wenn wir nicht loslassen können, wächst leicht eine bittere Wurzel in unserem Herzen, genährt von unserer Unzufriedenheit und Ungeduld darüber, daß Gott uns das nicht lassen will, woran wir so eisern festhalten. Und mit dem Unfrieden, den das zur Folge hat, sind wir alle vertraut.
Sind wir aber seine Jünger, so jagen wir dem Frieden nach; deshalb lassen wir Gott das Unkraut aus unserem Herzen entfernen, auch wenn es uns weh tut. Dann können wir heranreifen zu solchen Menschen, von denen Jesaja sagt: ``Gott der Herr hat mir eine Zunge gegeben, wie sie Jünger haben, daß ich wisse, mit den Müden zu rechter Zeit zu reden'' (Jes. 50:4). Dann können wir andere in ihrem Schmerz verstehen, und wir wissen aus eigener Erfahrung zu unterscheiden, was nur aufgedrängter Rat wäre und wie wir andern eine wirkliche Stütze sein können; wir wissen die müden Hände zu stärken und die wankenden Knie.
Herr, lehre uns, unser eigenes Leid aus Deiner Hand anzunehmen, und andern in ihrem Leid eine taktvolle Stütze zu sein. Laß uns Deine Nähe erleben, wenn wir selbst leiden, und wirke durch uns, wenn wir trösten oder vermitteln sollen. Amen.
Hier ist Müh, morgens früh
und des Abends spät,
Angst, davon die Augen sprechen,
Not, davon die Herzen brechen.
Kalter Wind oft weht.
Jesus Christ, Du nur bist
unser Hoffnung Licht.
Komm herzu und laß uns schauen
jene immergrüne Auen,
die Dein Wort verspricht.
Ewigkeit, in die Zeit
leuchte hell hinein,
daß uns werde klein das Kleine
und das Große groß erscheine.
Sel'ge Ewigkeit.
(Marie Schmalenbach 1875)
Arnold Neumaier (Arnold.Neumaier@univie.ac.at)